Bei dem Stichwort Barrierefreiheit denkt man zuerst an Menschen mit Behinderung, doch Barrierefreiheit umfasst noch sehr viel mehr.
Das Foto zeigt einen neuen Fahrausweisautomaten. Wie unschwer zu erkennen ist, ist die Lesbarkeit des Displays, insbesondere bei Tageslicht, nicht mehr gegeben. Ein Problem, auf das der Fahrgastbeirat übrigens schon vor Inbetriebnahme der Fahrausweisautomaten aufmerksam machte. Eine Anpassung der Bildschirmhelligkeit erfolgte nicht.
Dieses Beispiel zeigt: Auch Menschen ohne Behinderung stoßen immer wieder an ihre Grenzen, also auf Barrieren, die es gilt zu beseitigen – nicht nur im ÖPNV.
Im Jahr 2009 wurde die UN-Behindertenrechtskonvention unterzeichnet. Ihr wesentlicher Fokus liegt darauf, allen Menschen eine uneingeschränkte und vor allem gleichberechtigte Teilnahme von Anfang an, am gesellschaftlichen Leben zu ermöglichen.
Das Personenbeförderungsgesetz wurde 2013 mit Bezug auf die Konvention aktualisiert. Es legt fest, daß die Barrierefreiheit im ÖPNV bis 2022 herzustellen ist. Eine Zielsetzung, die inzwischen nicht mehr fristgemäß erreicht werden kann. Viel zu lang wurde das Thema nicht ernst genommen und in den Haushaltsplanungen schlicht vernachlässigt.
Gesellschaftlich, sowie auch in der Politik wird das Thema der Barrierefreiheit immer wieder aufgegriffen. Allerdings sind Verbesserungen und Fortschritte kaum mehr spürbar. “Es ist zu teuer”, “Der Aufwand ist zu groß”, “Das wollen wir nicht” sind häufige Antworten, die es in Bezug auf die Umsetzung der UN-Behindertenrechtskonvention zu hören gibt.
Ein weiteres Beispiel sind die Piktogramme an und in den Fahrzeugen. Die Dresdner Verkehrsbetrieben möchten das Sichtfeld nicht beeinträchtigen und wählen bewußt durchsichtige Piktogramme. Diese sind tagsüber nur sehr schwer und bei Dunkelheit gar nicht mehr zu erkennen. Die Fahrgäste sollen sich korrekt verhalten. Wie aber soll dies möglich sein, wenn man die Hinweise und Regeln auf den Piktogrammen nicht mehr erkennen kann?
Das Fahrzeuge mit Vollreklamen – insbesondere über sämtliche Scheiben – verziert sind, die das Sichtfeld nahezu vollständig einschränken, bemängeln wir seit Jahren, ebenfalls ohne Erfolg. Ein klares Indiz dafür, daß man die Piktogramme nicht ersetzen möchte. Denn sowohl die Kosten als auch der Aufwand des Austauschs sind geringer als für die besagten Werbefolien, mit denen im Gegensatz zu den Piktogrammen Geld verdient wird.
Was bleibt, sind Planungen bei denen die Barrierefreiheit wieder auf der Strecke bleibt. Es entstehen immer noch neue Haltestellen, die nicht der vorgeschriebenen Normen entsprechen, hochflurige Fahrzeuge und Fahrgastinformationen, die unzureichend oder für manche Personengruppen gar nicht nutzbar sind. Eine Ende dieser Umstände ist nicht in Sicht.
Haltestelle Dorfhainer Straße
So gibt es, um nur ein Beispiel zu nennen, die Bushaltestelle Dorfhainer Straße. Anhand dieser wird deutlich, wie die Bemühungen, die Barrierefreiheit flächendeckend herzustellen, in der Praxis aussehen.
Die im Dresdner Süden liegende Doppelhaltestelle, welche auf der Relation zwischen der Südhöhe und dem Stadtteil Coschütz von den Buslinien 63 und 66 bedient wird, ist – wie so viele andere – nicht behindertengerecht ausgebaut. In unmittelbarer Nähe liegen Wohngebiete, wie auch Angebote mit Betreutem Wohnen, diverse Einkaufsgelegenheiten, Schulen und Kindergärten.
Die Fahrbahnen wurden vor einigen Jahren erneuert. Die Gehwege hingegen blieben unverändert und haben ihren Zenit längst hinter sich gelassen. Hinzu kommt, daß sich die Fahrbahnen im Bereich der Haltestellen absenken, was den Ein- und Ausstieg zusätzlich erschwert. Für Fahrgäste, die auf Rollstühle oder Rollatoren angewiesen sind, ist es ohne fremde Hilfe nicht möglich, an dieser Haltestelle ein- oder auszusteigen.
Jahrelange Arbeit durch Verbände und den Fahrgastbeirat haben bis heute nicht zum gewünschten Erfolg geführt. Es gibt nach wie vor keine konkreten Absichten, den Zustand der Haltestelle zu verbessern. Und dies ist kein Einzelfall!
Trotzdem geben wir nicht auf. Der Fahrgastbeirat setzt sich immer wieder und weiterhin für die Belange aller Menschen im ÖPNV ein. Wir haben ein offenes Ohr für Sie, verlangen mit den Zuständigen respektvolle Gespräche auf Augenhöhe und sind gern kreativ, um für möglichst vielen Nutzern zur Problemlösung beizutragen.
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